Bist du ein Egoist? Bist du ein guter Mensch?

Wie aktuell ist Brechts Drama "Der gute Mensch" von Sezuan in Zeiten der Coronakrise? Schülerinnen und Schüler (EF) haben sich damit auseinandergesetzt.

"Gute Taten, das bedeutet Ruin!"

Am Freitagmorgen (13.3.2020) schrieben die Schülerinnen und Schüler des EF-Deutschkurses von Frau Granitza noch ihre Klausuren zum Thema "Der gute Mensch von Sezuan" - eine Szenenanalyse. Und wie so häufig, hatten einige der Schreibenden das Gefühl, dass ein derart "altes" Drama (Uraufführung 4. Feb. 1943) nichts mit ihrem heutigen Leben zu tun hat; vielleicht ganz entfernt, und auch nur dann, wenn man es unbedingt darauf anwenden will. Am Nachmittag desselben Freitags kam dann die Nachricht, dass bis auf Weiteres alle Schulen in NRW wegen des Coronavirus geschlossen werden, um die Ausbreitung zu verlangsamen. Jetzt käme es auf das solidarische Handeln aller Mitmenschen an.

Kann sich Deutschland das leisten? Kann ich durch mein Handeln irgendetwas bewirken? - Diese Gedanken - woher kannten wir den nochmal?

"Keinen verderben zu lassen, auch nicht sich selber, jeden mit Glück zu erfüllen, auch sich, das ist gut."

oder

"Die Leute haben genug zu tun das nackte Leben zu retten. Gute Vorsätze bringen sie an den Rand des Abgrunds, guten Taten stürzen sie hinab."

Frau Granitza nutze die Gelegenheit des digitalen Heimunterrichts, erstellte mit dem neuen Lehrer-iPad einen Trailer und fragte ihre Schülerinnen und Schüler:

 

Inwiefern ist die Thematik des Brecht-Dramas in Zeiten von Corona noch aktuell?

 

Einige Antworten in Form eines Leserbriefes und in anderen Formaten:

Ann-Christin Westermann (EF): Egoismus vs. Altruismus

Bertolt Brecht hat es bereits vor rund 80 Jahren in seinem Parabelstück „Der gute Mensch von Sezuan“ kritisiert, als eine ganz andere, schlimme Weltkrise, nämlich der Zweite Weltkrieg (1939-1945), viele Länder und Republiken zertrümmerte: Egoisten machen jegliche Situationen für alle Beteiligten schlimmer! Nun, in einem neuen Jahrzehnt, sogar Jahrhundert, kritisiert genau dies Angela Merkel in einer Fernsehansprache während einer Krise, die das Land bis jetzt so noch nicht erlebt hat. Das neuartige Coronavirus zeigt uns aktuell, wie egoistisch manche von uns doch wirklich sind.

Mir kommt es so vor, als ob wir das Drama neu erleben, nur mit einer anderen Krise. Auch Deutschland ist zu einer Parabel geworden. So wie Sezuan übergreifend für alle Orte steht, an denen Menschen ausgebeutet werden, steht Deutschland für alle Länder, in denen Menschen mit dem Coronavirus infiziert werden und die Regierung strenge Maßnahmen gegen Egoisten in Erwägung ziehen muss. Doch was hat das ganze jetzt mit Egoismus zu tun? Wenn Ihnen das jetzt nicht klar ist, sind Sie vielleicht selbst ein Egoist oder haben den Ernst der Lage immer noch nicht begriffen. Ich kann die Worte unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel nur noch einmal wiederholen: „Die Lage ist ernst. Nehmen Sie sie auch ernst.“ Kaufen Sie auch Klopapier, was das Zeug hält? Oder Nudeln, Reis, Desinfektionsmittel oder Seife? Verstehen Sie mich nicht falsch, den Kauf solcher Produkte will ich Ihnen gar nicht streitig machen, aber müssen es diese Massen sein? Und an dieser Stelle kommt dann auch der Egoismus ins Spiel. Haben Sie, bei sogenannten „Hamsterkäufen“, auch nur einmal an ihre Mitbürger, Nachbarn, Freunde oder sogar Familie gedacht? Vermutlich nicht. Laut dem Artikel „Forscher warnt: Egoismus nicht unterschätzen“ aus der WAZ vom 21.03.2020, sind rund 40% der Gesellschaft rationale Egoisten, für die nur der eigene Vorteil im Mittelpunkt steht. Zwar ist dies die geringere Anzahl im Vergleich zu den 60% kooperativen Altruisten, die bereit sind, ihre eigenen Interessen zum Wohl der Gesellschaft zurückzustellen, aber gerade in so einer weltweiten Pandemie immer noch 40% zu viel. Auch hierzu passt ein Zitat aus dem Artikel: „Diese Zeitgenossen wird es immer geben.“ Und sie gab es auch schon immer, auch in Bertolt Brechts Drama „Der gute Mensch von Sezuan“. 

Für alle, die es nicht gelesen haben: In der chinesischen Provinz Sezuan lebt die altruistische, gutmütige Prostituierte Shen Te, die als einzige die drei Götter, welche nach einem guten Menschen suchen, hereinbittet. Von dem ihr gegebenen Geld kauft sie sich einen Tabakladen und alle, die davon erfahren haben, wollen sie nur für ihre eigenen Belange ausnutzen. Auch das ist Egoismus. Jeder, der die gutmütige Shen Te aufgrund ihres Geldes ausnutzt, merkt nicht, dass es ihr dabei schlecht geht. In ihrer Not erfindet sie den fiktiven Vetter Shui Ta, welcher genauso egoistisch ist, wie alle anderen. Bei allem, bei dem Shen Te nicht „Nein!“ sagen kann, kommt der Vetter, bzw. Shen Te als Shui Ta verkleidet, zur Hilfe und zeigt seine egoistische Seite. Shui Ta ist das komplette Gegenteil von Shen Te. Er denkt nur an sich, das Geld und seinen Profit. Wie es anderen dabei geht, spielt keine Rolle. Genau dieses Problem des Egoismus‘ haben wir jetzt wieder. Hauptsache das Individuum hat für sich genug Klopapier. Ob für die anderen etwas übrig bleibt, ist dabei egal. Nun, in Zeiten von Corona unterschätzen viele die aktuelle Lage. „Ich bin ja gar nicht in der Risikogruppe, also kann ich alles so weiter machen, wie zuvor auch.“ - NEIN! Aber nicht nur die Erwachsenen drücken ihren Egoismus durch – ich kann es nur immer wieder betonen – UNNÖTIGE Hamsterkäufe aus, sondern auch die Jugendlichen mit ihren „Coronapartys“. Dieser Egoismus treibt es aus meiner Sicht auf die Spitze! „Ich bin jung, was interessiert mich Corona“, sagen sie. Aber wenn es um IHRE Zukunft und somit den Klimawandel geht, fordern sie, dass die Älteren etwas tun. Diese Doppelmoral sollte aus meiner Sicht schnellstens beendet werden! „Ich bin jung, was interessiert mich Corona.“ könnte man auch umformulieren in „Ich bin alt, was interessiert mich der Klimawandel.“ Und immer erst dann, wenn das eigene Wohl gefährdet ist, werden die Menschen aktiv und tun etwas. Aber was verinnerlicht werden muss: Hier geht es nicht um mich oder dich. Hier geht es um UNS, als Gemeinschaft. Es geht nicht darum, ob man selbst infiziert ist. Hier geht es darum, dass man kein Überträger ist und andere ansteckt. Dieses Video mit dem Streichholz, was im Internet viral ging, ist meiner Meinung nach eine schöne Veranschaulichung, wie man sich verhalten sollte: Die sozialen Kontakte einschränken und somit die Infektionskette unterbrechen. In dem Video sieht man eine Reihe von Streichhölzern, die brennen. Das eine steckt das andere an, doch dann bewegt sich eins aus der Reihe heraus und unterbricht somit die Brandkette. Genau so funktioniert das auch mit Corona. Wenn einer richtig handelt, und sich aus dem sozialen Umfeld zurückzieht, rettet er mehrere Menschen. Also kein Treffen im Park mehr oder im Café, solange wir mit einer schlimmen Pandemie zu kämpfen haben. Die sozialen Kontakte müssen bis auf Weiteres eingeschränkt werden! Wir alle müssen jetzt also zu Altruisten werden und eigene Belange zurückstellen. Brechts Drama drückte es bereits unmissverständlich aus: Man kann nur ein guter Mensch sein, wenn man sich selbst dabei zurückstellt oder sogar verliert. Aber so schlimm ist es in der Realität zum Glück gar nicht. Wir verlieren uns in dieser Pandemie nicht! Uns geht es auch ohne den sozialen Kontakt immer noch gut, denn mittlerweile haben wir die technischen Möglichkeiten wie Skype, Instagram, Facebook und Co. Es gibt sogar Online-Unterricht! 10 Jahre zurück hätten wir, wie der WAZ-Artikel schon sagt, vor einer noch größeren Krise gestanden. Heutzutage geht alles, was wir draußen machen wollen, auch über das Internet, ganze ohne den sozialen Kontakt.

Wenn man sich treffen möchte, kann man das über Skype tun. Für Sport gibt es Homeworkouts und man muss nicht ins Fitnessstudio. Für den Kontakt mit den Großeltern gibt es ja zum Glück das altbekannte Festnetztelefon. In Brechts Drama war es schwer, ein guter Mensch zu sein, doch um jetzt in der Coronazeit ein guter Mensch sein zu können, verlangt es nicht viel mehr, als einfach zu Hause zu bleiben. Nie war es einfacher die Welt zu retten und dennoch tun sich manche schwer daran und Egoisten machen es nicht leichter. Wenn du einer dieser Egoisten bist, dann bitte ich dich: Bleib‘ doch einfach zu Hause und denke bevor du handelst! Mit Egoismus kommt man nicht weit. Das wird auch in „Der gute Mensch von Sezuan“ klar. Shui Ta wird angeklagt und so kommt Shen Te erst wieder zum Vorschein. Das Gute siegt ja bekanntlich immer. In dem Drama kommt die Frage auf, ob die Welt geändert werden kann. Das offene Ende verrät: Ja, durch gute Menschen, die ihre eigenen Belange zurückstellen können für das Wohl der anderen. Hier stellt sich momentan die Frage, ob die Infektionen mit dem Coronavirus zurückgehen können. Die Antwort ist: Ja, wenn wir alle unseren Egoismus zurückschieben und an unsere Mitmenschen denken. Also nochmal ein hoffentlich eindeutiger Appell: Seid gute Menschen und bleibt zu Hause!

Von Ann-Christin Westermann EF

Deutsch Egoismus bzw Altruismus 0001

Deutsch Egoismus bzw Altruismus 0002

 

Alanur Deniz und Nazrin Alili (EF): Kreative Auseinandersetzung

mit dem Thema Egoismus vs. Altruismus

 

Marlene Kornberger (EF): Egoismus vs. Altruismus

 

 

Justin Prus (EF): Egoismus vs. Altruismus

Egoismus= Man sucht seine eigenen Vorteile und nimmt dabei keine Rücksicht auf andere Personen.

Altruismus= selbstlose Denk- und Handlungsweise, Gegenteil von Egoismus

Meine Meinung zu diesem Thema (in Bezug auf die Coronakrise):

Wie man im Artikel (WAZ vom 23.03.2020) oder im Trailer sehen konnte, ist dieses Thema vor allem jetzt besonders auffällig. Ich beziehe mich mal auf den Kauf von Klopapier. Die Menschen kaufen so viel Klopapier, weil sie Angst haben, dass bald keins mehr vorhanden ist oder sie die Chance nicht mehr haben, neues kaufen zu gehen. Sie wollen selbst abgesichert sein und denken dabei nur an ihre Existenz und nicht an ihre Mitmenschen. Hier spricht man also von Egoismus. Besonders das Beispiel Klopapier ist bereits so weit ausgeprägt, dass schon Witze darüber gemacht werden, doch es hört nicht auf. Natürlich gibt es auch Menschen, die dabei auch an die anderen denken, doch wenn sie nicht mehr mit der Mehrheit mitziehen würden, dann hätten sie selber keins mehr. Es entsteht also ein Kreislauf. Wenn einer anfängt, sind die anderen gezwungen hinterher zu ziehen. Ich vermute, dass es soweit nicht gekommen wäre, wenn alle ruhig geblieben wären und nicht mit den Hamsterkäufen begonnen hätten. Jetzt aber mal zu mir: Ich bin 16 Jahre alt und könnte mir Tausend Dinge vorstellen, die besser sind als nur zu Hause zu bleiben. Ich wünsche mir nichts mehr, als zu meiner Freundin, meinen Kollegen oder einfach mal in die Stadt gehen zu können und es ist nicht in Worte zu fassen, wie schlimm es für mich ist, dies nicht zu tun. Wenn man dann noch hört, dass es Menschen gibt, die genauso leben wie vor der Krise, fragt man sich, ob man es auch tun sollte, doch es gibt eine klare Antwort….NEIN!!!! Jeder sollte an seine Liebsten denken, denn auch sie könnte es treffen, wenn man sich selbst nicht an die Regeln hält. Man sollte die Zeit nutzen, um vielleicht über Dinge nachzudenken, die für einen immer selbstverständlich waren. Nutzt die Zeit, um sie mit eurer Familie zu verbringen, für die Schule, für Sport oder einfach mal zum Chillen oder so. Ich weiß, es ist leicht gesagt, doch die Langeweile oder Sehnsucht nach manchen Menschen tut oft sehr weh. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Bleibt ein paar Wochen zu Hause, denn ein paar Wochen sind besser, als manche Menschen im schlimmsten Fall nie wieder zu sehen. Denkt an euch, eure Liebsten, aber auch an eure Mitmenschen, denn wenn sich alle zusammenreißen, können wir auch diese Krise schnell und gesund überstehen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als das Beste aus der schwierigen Situation zu machen.

Justin Prus (EF)

Katharina Laske: Egoismus vs. Altruismus - aktueller denn je?

Liebe Leser/innen des Artikels der WAZ, liebe Zuschauer/innen des Bert-Brecht-Films!

Vor fast 77 Jahren hat Bert Brecht ein Drama über Egoismus und Altruismus geschrieben. In der Zeit hat man erkannt, dass man als altruistischer Mensch nicht viel erreichen kann. Nun im Jahr 2020 wurde die Menschheit von dem sogenannten „Corona - Virus“ überrascht. Eine Pandemie ist ausgebrochen. 
Jetzt, liebe Leser, fragen wir uns, ob wieder eine Zeit kommt, in der egoistische Menschen gewinnen, obwohl wir in einer angeblich so kooperativen Gesellschaft leben?

Warum ist die Thematik des Dramas „Ein guter Mensch von Sezuan““ von Bertolt Brecht auf die heutige Zeit von Corona übertragbar? Die Antwort finden Sie bei mir!
Es ist klar festzustellen, dass die Zeiten sich ähneln, aber inwiefern tun sie das?

Am Anfang hat sich fast jeder wie die Hauptfigur (Shen Te) des Dramas verhalten, nämlich hilfsbereit. Alle haben gehofft, dass vor einigen Wochen die Brände in Australien gestoppt werden und dass aufgrund der Problematik zwischen dem Iran und den USA kein Dritter Weltkrieg ausbricht. 

Shen Te, die in diesem Falle für die Menschheit steht, ist erschöpft und fühlt sich ausgebeutet. Denn sie muss nur noch teilen und helfen, bekommt aber nichts zurück und steht selbst vor der Pleite.

Im Jahr 2019 brach das Corona - Virus im chinesischen Wuhan aus. Von da an verbreitete es sich über die ganze Welt. Notstand in Italien, Österreich und vielen anderen Ländern. Panik brach in der eigentlich so kooperativen deutschen Gesellschaft aus. Doch von Kooperation war nichts mehr zu sehen oder zu spüren. Viele tätigten Hamsterkäufe und dachten nur noch an sich. Hauptsache ICH habe genug Klopapier, Mehl, Nudeln, Zucker, um über die „Runden“ zu kommen. Viele benötigen einen Mundschutz, Desinfektionsmittel und Einmalhandschuhe. Aber als erstes müssen Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger versorgt werden. Die Krankenhäuser, Supermärkte, Apotheken und viele andere halten die Versorgung der Menschen aufrecht. Die wirtschaftliche Lage hingegen wird immer schwieriger. Ein Beispiel dafür ist die Pleite von selbstständigen Menschen, Restaurants, kleineren  Geschäften und vielen weiteren Geschäften. Also bitte, lasst die Ärzte Leben retten. Außerdem sollte man zuhause bleiben, damit eine Ansteckung vermieden wird. Geht, wenn überhaupt, nur noch zu zweit hinaus und mit jemandem, mit dem ihr zusammen wohnt/lebt. Haltet euch nicht an öffentlichen Plätzen auf!

Vielleicht denkt ihr, ihr seid die einzigen in dieser  schwierigen Situation, aber das seid ihr nicht. Wir alle haben das gleiche Problem und können es nur GEMEINSAM lösen. Ihr könnt eure Freunde, Familien, etc … zum Beispiel über Whatsapp oder Face Time erreichen. Ein schönes Beispiel ist Italien. Alle stehen auf ihren Balkonen und singen gemeinschaftlich, aber mit Distanz. Zudem kann man in Venedig sehen, dass das Wasser, seitdem nicht mehr so viele Boote und Schiffe fahren, total klar geworden ist. Gleichzeitig kommen Tiere durch die Ruhe wieder näher ans Landufer. Was meint ihr? Holt sich die Natur gerade alles zurück oder ist es nur ein Zufall?

Habt ihr das Drama von Brecht schon gelesen? Nein? Na, dann los! Lesen hilft in dieser schwierigen Zeit, Langeweile zu bekämpfen.

Nachdem ihr das Drama gelesen habt, lernt aus dem Parabelstück und macht euch Gedanken über früher und heute! Denkt nicht nur an euch, sondern auch an andere, die uns in dieser schwierigen Zeit den Rücken frei halten! DANKE an alle, die immer noch arbeiten und die, die die notwendige Versorgung der Menschen aufrecht erhalten! DANKE an alle, die in der Zukunft auch an andere denken und nicht nur an sich!

Katharina Laske, EF

"Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss! Es muss ein guter da sein, muss muss muss!"